Als sich die Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg lieber zuhause vor den Fernseher setzten, als ins Kino zu gehen, begann der Siegeszug des Breitbildfilms.


Breitbildfilme lassen sich generell auf vier verschiedene Arten herstellen, von denen auch Kombinationen möglich sind: Oben und unten wird ein Teil des Bildes abgedeckt, es wird ein breiterer Film als gewöhnlich verwendet, der Film wird waagerecht statt senkrecht durch die Kamera (und evtl. den Projektor) transportiert, oder das Bild wird mit einer anamorphen Linse horizontal gestaucht und wieder auseinandergezogen. Daneben gibt es noch die Möglichkeit, mit mehr als einer Kamera zu filmen, die aber sehr selten genutzt wurde.

Wie bei anderen technischen Aspekten des Kinofilms, z. B. Ton oder Farbe, gilt auch bei Breitbildformaten, dass schon von Anfang an damit experimentiert wurde, und es dementsprechend auch schon Breitbildfilme gab, bevor diese in den 50er-Jahren zum Standard wurden. Abermals befassen wir uns aber zunächst nur mit den Systemen, die sich – wenn auch teilweise nur für kurze Zeit – durchsetzten, bzw. die die ersten mit einer bestimmten Funktionsweise waren.

Generell wird immer ein etwas größeres Bild aufgezeichnet, als tatsächlich projiziert wird. Die Größe und das Seitenverhältnis des aufgenommenen Bildes wird vom Bildfenster bzw. der Bildmaske in der Kamera bestimmt, einem rechteckigen Rahmen, durch den das Licht auf den Film fällt. Analog dazu gibt es auch beim Projektor eine Bildmaske, die stets etwas kleiner ausfällt als die in der Kamera.

Das aufgezeichnete Bild (egal ob anamorph verzerrt oder nicht) hat bei den meisten Verfahren, die senkrecht durch die Kamera laufenden 35mm-Film verwenden, ein ähnliches Format, es ist etwas breiter als hoch. Bei waagerechten 35mm-Widescreen-Verfahren und bei 70mm-Film sind die aufgezeichneten Bilder dagegen ca. 1,5 bis über 2 mal so breit wie hoch. Uns interessiert nun aber das jeweils projizierte Bildformat.

35mm

Stummfilm-Format
Das Stummfilm-Format von 1.33:1 hatte seinen Ursprung in den Filmexperimenten Edisons, die mit 35mm-Film stattfanden. Das Bild füllte hier den gesamten Raum zwischen den Perforationslöchern des Films und war vier dieser Perforationslöcher hoch. Diese Höhe trifft auch auf die meisten anderen 35mm-Formate zu.

1917 wurden Edisons Spezifikationen von der Society of Motion Picture Engineers of America offiziell angenommen.

Academy Ratio
Durch die Einführung des Tonfilms wurde das Format etwas schmaler, da sich an der Seite des Bildes nun eine Tonspur befand, die einen Teil der Fläche des Films für sich beanspruchte. Um ein dadurch fast quadratisch werdendes Bild zu vermeiden, wurde oben und unten ein Teil des Bildes abgedeckt, wodurch sich das Format 1.37:1 ergab (genaugenommen 1.375:1).

So gut wie alle Tonfilme hatten bis Anfang der 50er-Jahre dieses Format, das so genannte Academy Ratio, oder Academy Aperture, oder Academy Standard, festgelegt von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences 1932.

Cinerama
Der Durchbruch der schon vorher hin und wieder eingesetzten Breitbildformate begann schließlich 1952 mit dem ersten Film in Cinerama. Auch um sich der Konkurrenz des Fernsehens zu erwehren, setzte man im Kino von nun an auf extra breite Filme, da Fernsehgeräte ein Bildformat von 1.33:1, oder 4:3, aufwiesen.

Das Cinerama-System, entwickelt von Fred Waller, arbeitete mit drei parallel nebeneinander laufenden 35mm-Filmen, benötigte also auch für die Aufnahme drei Kameras. Die mittlere filmte dabei ganz normal geradeaus, die linke und rechte waren leicht nach außen angewinkelt. Projiziert wurden die drei Filme dann auf eine riesige gekrümmte Leinwand, so dass das Bild perspektivisch korrekt erschien, was für einen gewissen 3D-Effekt sorgte. Das Format war 2.59:1.

Der erste so hergestellte Film erschien 1952 mit dem Titel „This is Cinerama“, er war jedoch, wie die meisten Cinerama-Filme, kein Spielfilm, sondern bestand aus mehreren dokumentarfilmähnlichen Segmenten, wie z. B. einer Achterbahnfahrt

Spielfilme gab es in Cinerema nur zwei, „The Wonderful World of the Brothers Grimm“ und „How the West Was Won“, beide von 1962. Dies waren auch die letzten Cinerama-Produktionen. Wegen der kostspieligen Aufnahme und Projektion, sowie den technischen Schwierigkeiten bei letzterer, setzte sich Cinerama nicht durch.

1953 debütierten die beiden heute noch gebräuchlichen Systeme, Breitbildfilme herzustellen:

Flat-Widescreen
Paramount veröffentlichte 1953 mit „Shane“ den ersten Film, bei dem schlicht der obere und untere Teil des Bildes abgedeckt wurde, um ein breiteres Bild zu erhalten. Es hatte das Format 1.66:1, bald darauf hatten Flat-Widescreen-Filme zunächst das Format 1.75:1, dann 1.85:1. In Europa hatten die Filme noch lange das Format 1.66:1, das sogenannte Europäische Widescreen.

Das Abdecken kann entweder direkt beim Filmen stattfinden (selten), oder aber bei der Erstellung des finalen Negativs (von dem die Kinokopien erstellt werden), oder erst bei der Projektion.

CinemaScope
20th Century-Fox verwendete ebenfalls 1953 für „The Robe“ ein System namens CinemaScope, das zum Synonym für Breitbildsysteme allgemein werden sollte. Mit Hilfe einer anamorphen Linse, die von Henri Chrétien Jahrzehnte zuvor für Panzer-Ausgucke entwickelt worden war, entstand ein Bild, das mehr als doppelt so breit wie hoch war. Die anamorphe Linse staucht das breite Bild bei der Aufnahme horizontal im Verhältnis 2:1 zusammen, damit es auf einen normalen 35mm-Film passt. Bei der Projektion wird es dann wieder auseinandergezogen. Die Breite von Cinemascope war zunächst 2.55:1, ab 1955 2.35:1.

In den auf 1953 folgenden Jahren lizensierten zunächst so gut wie alle Studios das CinemaScope-Verfahren, es entstand aber auch eine Vielzahl von anamorphen Systemen, die alle ähnlich arbeiteten, aber je nach Studio eigene Namen trugen. CinemaScope selbst wird heute nicht mehr verwendet, der letzte Film erschien 1967.

Panavision
Das populärste der Konkurrenzsysteme war und ist Panavision von 1957. Das Bildformat betrug hier zunächst 2.35:1, ab 1970 2.39:1.

VistaVision
Einen eigenen Weg ging Paramount mit dem VistaVision-System. Hier lief der Film horizontal statt senkrecht durch die Kamera, bei der Projektion konnte oben und unten ein Teil abgedeckt werden, wobei durch die waagerechte Belichtung eine höhere Auflösung als bei abgedecktem senkrecht laufenden Film zur Verfügung stand, da die belichtete Fläche des Films größer war. Auch wenn – wie meist – eine senkrecht laufende 35mm-Kopie zur Projektion erstellt wurde war das Bild besser, da ja das Ausgangsmaterial eine höhere Auflösung bot.

Das Projektionsformat reichte von 1.66:1 bis zu 2:1, am gebräuchlichsten war aber 1.85:1. Bei der Aufnahme, und der waagerechten Wiedergabe, war das Bild acht Perforationslöcher breit. Der erste Film: „White Christmas“ von 1954. Heute wird VistaVision nicht mehr verwendet, letztmalig kam es 1963 zum Einsatz.

Technirama
Technirama von 1957 (erster Film: „The Monte Carlo Story“) kombinierte bei der Aufnahme horizontal laufenden 35mm-Film mit einer anamorphen Linse, woraus senkrecht laufende, anamorphe 35mm-Vorführkopien in 2.35:1 erstellt wurden, sowie nicht-anamorphe 70mm-Kopien (2.21:1), beide mit einer höheren Bildqualität aufgrund des waagerechten Ausgangsmaterials als CinemaScope. Auch hier war das Bild bei der Aufnahme acht Perforationslöcher breit. Technirama wird ebenfalls nicht mehr benutzt. Letztes Jahr: 1968 (mit Ausnahme von „The Black Cauldron“ 1985).

Super 35
Und schließlich gibt es bei den 35mm-Systemen noch Super 35. Hierbei wird ein unverzerrtes 1.33:1-Bild aufgenommen (das wie bei Stummfilmen die ganze Fläche zwischen den Perforationslöchern einnimmt), aus dem dann der gewünschte Ausschnitt für die Kinokopien gewählt wird. Diese haben meist das anamorphe Format 2.39:1, können aber auch in nicht-anamorphen 1.85:1 sein. Der Ausschnitt stammt aus den oberen zwei Dritteln des aufgenommenen Bildes. Nachteil dabei ist, dass die Bildqualität solcher Kinokopien geringer ist als bei anamorphem Ausgangsmaterial, da die belichtete Bildfläche deutlich kleiner ist.

In Zeiten, in denen häufig 4:3-Tranfsers fürs Fernsehen und für Videokassetten angefertigt wurden, bot Super 35 den Vorteil, dazu nicht viel an den Seiten abschneiden zu müssen (die ganze Breite wird nicht übertragen), sondern oben und unten etwas zugeben zu können. Das genaue Verhältnis zwischen Kinobild und Heimversion kann sich jedoch von Film zu Film unterscheiden, teils sogar innerhalb eines Films.

Es existiert auch eine Variante, bei der das aufgenommene Bild nicht 4 sondern 3 Perforationslöcher hoch ist, wodurch Film gespart wird.

Super 35 ist die Wiederbelebung eines kaum genutzten Verfahrens aus den 50ern, SuperScope 235, seinerseits Nachfahre von SuperScope. Erste Filme damit nach den 50ern: „Dance Craze“ (noch als SuperScope 235) von 1982 und „Greystoke“ (als Super Techniscope) von 1984.

70mm

Todd-AO, Super Panavision 70
Im Zuge der Breitbild-Begeisterung wurde schließlich auch 70mm-Film wieder verwendet, mit dem bereits Jahrzehnte zuvor experimentiert worden war, der sich aber zu dieser Zeit nicht durchgesetzt hatte. Das erste in der Breitbild-Ära verwendete System für 70mm-Film war von Michael Todd und American Optical entwickelt worden und hörte auf den Namen Todd-AO. 70mm-Film brachte mit ihm auch ohne Abdeckung und anamorphe Projektion ein fast doppelt so breites Bild wie 35mm-Film auf die Leinwand (2.21:1).

Der Film in der Kamera hatte dabei eine Breite von 65mm, die 70mm der Kinokopie ergaben sich durch die Notwendigkeit, 5mm für die Tonspuren zu haben. Das Bild ist bei 70mm-Film generell fünf Perforationslöcher hoch. In Todd-AO wurde 1955 als erster Film „Oklahoma!“ gedreht.

Auch hier gab es mit Super Panavision 70 ein ähnliches Verfahren.

MGM Camera 65, Ultra Panavision 70
MGM Camera 65, nach Verkauf an Panavison Ultra Panavision 70 genannt, arbeitete schließlich mit 70mm-Film und einer anamorphen Linse, die das Bild im Verhältnis 1.25:1 staucht, woraus sich ein projiziertes Bildformat von 2.76:1 ergibt. Der erste Film: „Raintree Country“ von 1957, der aber nur in 35mm projiziert wurde (mit einem Bildformat von 2.35:1). Der erste auch in 70mm projizierte Film war dann 1959 „Ben-Hur“.

Von den 70mm-Verfahren wurden auch anamorphe 35mm-Kopien in 2.35:1 hergestellt.

Heute werden allerdings so gut wie keine „normalen“ 70mm-Filme mehr gedreht.

IMAX
Horizontal laufender 70mm-Film wird jedoch beim IMAX-Verfahren verwendet, in dem aber nur kürzere, zumeist dokumentarfilmartige Filme produziert werden, und keine „richtigen“ Spielfilme. Das Format ist 1.43:1.

Spielfilme enthalten entweder einzelne Szenen, die mit analogen IMAX-Kameras gedreht werden (wie „Dunkirk“), oder sind mit einer IMAX-Digitalkamera gedreht (wie „Avengers: Endgame“). Das Ganze in Bildern:



Die Bildwiederholfrequenz beträgt bei allen Tonfilmen 24 Bilder pro Sekunde, lediglich Cinerama hatte 26 (bis auf die zwei Spielfilme mit 24), die ersten beiden Filme in Todd-AO 30. Zu Stummfilmzeiten betrug die Bildwiederholfrequenz 16 – 23 Bilder pro Sekunde.

Weiterer Link:

The American Widescreen Museum