Eine Schüssel voller Suppe


„Gestatten: Kaulquapp! Gaswasserscheiße“, stellte sich der übers Klo gebeugte Klempnermeister – Blaumann, Platte, Plautze – Meyer vor, um sogleich wieder mit seiner Arbeit fortzufahren und dabei jenes Geräusch zu reproduzieren, das Meyer zum Betreten des Badezimmers veranlasst hatte.
Schmydzlers Umdekorierung der Herberge hatte anscheinend auch vor dem Abort nicht halt gemacht, ersichtlich daran, dass Klempner Kaulquapp hingebungsvoll versuchte, das verstopfte Toilettenbecken wieder zum Abfließenlassen der darin vorhandenen Brühe zu bewegen – jedoch offenbar ohne großen Erfolg. Vorsichtig vermeidend, nicht von der hin und wieder überschwappenden Soße getroffen zu werden, näherte sich Meyer Kaulquapp.
„Sind Sie schon lange hier zu Gange, Meister?“, fragte er den sichtlich in sein Werk vertieften Mann.
„Bittewas?“, antwortete dieser nach ein paar Sekunden.
„Ob Sie sich schon lange hier aufhalten.“
„Neenee, der Chef hat mich erst vor 10 Minuten hierhergeschickt, um mich des Klosetts anzunehmen.“
„Aha. Und haben sie hier irgendwas verändert? Sachen ins Klo geschmissen oder so?“
„Der war gut! Wie sie sehn, ist das gute Stück gestrichen voll. Oberkante Unterlippe. Wer sind Sie überhaupt?“
„Meyer, Kripo“, antwortete Meyer, doch schien das Kaulquapp nicht sonderlich zu interessieren, denn der hatte sich schon wieder seiner Arbeit zugewandt und quittierte die Information nur mit einem gemurmelten „ahso“, was auch den Einsatz des Kaninchenzüchtervereinsausweistricks unnötig machte. Aus dem Burschen war wohl nichts weltbewegendes mehr herauszubekommen.
Meyer verließ das Bad und wollte gerade seine entkrämpelten Arme in einem der großen Abfallhaufen versinken lassen, da ließ ihn ein triumphierendes „Heureka!“ aus dem Badezimmer sich umdrehen: Kaulquapp hatte es tatsächlich geschafft, die Toilette zu entstopfen. Kaum war deren Inhalt laut gurgelnd abgelaufen, stieß Kaulquapp ein „Nawundervoll, da klebt ja noch immer was“ aus und wollte gerade die Spülung betätigen, doch Meyer gelang es geistesgegenwärtig, im letzten Moment seine Hand zwischen die des Installateurs und den Spülkastengriff zu zwängen und ihm ein „Halt, das könnte wichtig sein!“ zuzurufen. Zwar war die Vorstellung wenig verlockend, sich mit einem Hinweis zu befassen, der in dem geschwommen hatte, was die Toilettenschüssel bis vor kurzem bevölkerte, und die Chancen standen gering, das es sich bei dem vom Rohrverleger entdeckten Überrest tatsächlich um etwas Verwertbares handelte, doch war Meyer angesichts der ihn ansonsten erwartenden Abfalldurchwühlaktion geneigt, auch nach dem dünnsten Trinkhalm zu greifen. Er ließ also seinen Blick in die Toilettenschüssel schweifen und erblickte einen zerknitterten Zettel, der angesichts der Nährlösung, in der er die letzten Stunden verbracht hatte, erstaunlich gut erhalten war. Unter Zuhilfenahme eines Stückes Klosettpapier fischte Meyer den Wisch aus dem Becken und entknüllte ihn. „Halb neun, Stadtpark“ stand auf ihm zu lesen.
Verdammt, dachte sich Meyer, die potentiell heißeste Spur seit langem, und nur, weil Kutte nicht wie verabredet im Guppy gewesen war, konnte er sich auch diese Fährte knicken: denn ein Blick auf die Uhr offenbarte ihm, dass es bereits fünf nach halb zehn war!

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