Ich bin gerade dabei, mein Bad zu putzen, da klingelt es an der Tür.


Leichtsinnigerweise entschließe ich mich, nachzusehen, wer da wohl etwas von mir will. Auch als ein Blick durch den Spion nur einen leeren Hausflur offenbart, lasse ich mich nicht abschrecken und öffne die Tür. Zehn Stunden später erwache ich in einer verlassenen Gasse und habe nur noch eine Niere.

Nein, natürlich nicht, aber fast. Zwar steht tatsächlich niemand draußen, aber irgend jemand geht im Hausflur umher. Als ich die Tür schon schließen will, kommt ein Herr um die Ecke, streckt mir die Hand entgegen und wünscht mir ein frohes neues Jahr, er sei von der Hilfsorganisation soundso. Ich hätte ja bestimmt auch schon von dem Rennfahrer gehört, der vor einigen Tagen beim Skifahren verunglückt sei. Das seien sie gewesen; also die, die ihn gerettet hätten. Deswegen wäre es doch prima, wenn ich kurz ein Formular auf seinem Block ausfüllen und einen Spendenbetrag eintragen würde, der von Herzen käme.

Nun ja, antworte ich, kann ich mir das nicht erst einmal überlegen? Gewiss, entgegnet der Mann, er wäre dann in zwanzig Minuten wieder da. Nein, da hat er mich falsch verstanden, antworte ich, abgesehen davon, dass ich dann nicht mehr da bin, will ich mir das schon ein wenig länger überlegen. Das sei aber schwierig, gibt er zu bedenken, denn er könne mich zwar gerne die nächste Woche über zweimal täglich anrufen, um nachzufragen, ob ich es mir schon überlegt habe, das sei aber doch sicherlich nicht im meinem Interesse. Also solle ich besser gleich unterschreiben, dann wäre das erledigt, und ich könne ja auch noch soundsoviele Tage lang zurücktreten.

Als ich immer noch nicht überzeugt bin, zählt er mir die vielen Vorteile seiner Spendensammel-Methode auf, so zum Beispiel, dass ja von ihm niemand unter Druck gesetzt werde, sie arbeiteten ja schließlich seriös, und meine Nachbarn hätten auch schon alle unterschieben, und der liebe Gott würde sich auch darüber freuen, oder so. Nein, sage ich, das ist mir nix, hier so an der Haustür etwas zu unterschreiben. Nun gut, kontert er, dafür müsse es ja einen Grund geben, dass mir das nix sei, also nur heraus mit der Sprache. Und außerdem – er rückt ein wenig näher und setzt eine Verschwörermiene auf: Das dürfe er mir zwar eigentlich gar nicht sagen, aber ich solle mal schauen – er blättert durch seinen Spendenblock: In den letzten drei Stunden hätten schon ganze fünf weitere Leute aus der Nachbarschaft unterschrieben! Als mich auch das nicht überzeugt, holt er zum letzten Schlag aus: Wenn ich jetzt spende, fließe das Geld ganz gewiss an eine Suppenküche, die von Buschkowsky persönlich – der mit dem Buch, wie er sagt – toll gefunden wird. Wenn ich zögere, könne es sein, dass sich dieser Limburger Bischof davon ein weiteres goldenes Fenster zimmern lasse. Nun?

Nein, leider bin ich nicht umzustimmen. Da der Herr sieht, dass bei mir wohl nichts zu holen ist, beginnt er, zornig-enttäuscht den Rückzug anzutreten. Nur eines wolle er mir noch mit auf den Weg geben: Psalm 23. Der Herr ist mein Hirte, und so weiter. Da frage er sich in den letzten Tagen schon, wenn selbst der reichste Rennfahrer der Welt so einen Unfall haben kann …

Was genau er sich in diesem Zusammenhang frage, verrät er mir leider nicht. Das hätte ich wohl nur erfahren, wenn ich seinen Spendenblock unterschrieben hätte.


Artikelbild: marfis75 (CC BY-SA 2.0)